A long long way... (D)

23 augustus 2023 - Ilomantsi, Finland

… So long, dass ich vorgestern ein Stück mit dem Bus zurückgelegt habe. Heute ist Mittwoch, der 16. August. Irgendwie kam ich nicht richtig weiter. Nach dem nicht alltäglichen Guesthouse an der Grenze radelte ich nach Westen, nach Suomussalmi. Dort besuchte ich das Winterkriegsmuseum und ein sehr beeindruckendes Monument. Erzähle ich gleich noch.

Danach wollte ich also weiterfahren, aber wie ich auch puzzelte und hin und her überlegte, ich konnte keine Übernachtungsgelegenheit innerhalb von „meinem“ Abstand finden - so zwischen 50 und 70 km ist bei dem „Wellengang“ des Straßenverlaufs und meinem schweren Packesel genug für mich. Auch nicht über einen Umweg, und auch nicht mit Hilfe einer sehr netten jungen Dame beim Verkehrsbüro (ich war mal wieder in einem größeren Ort). Und wild zelten, ja, geht schon, was die Sicherheit betrifft auf jeden Fall, aber das finde ich zu zweit doch etwas romantischer. Busfahren schien mir eine gute Alternative. Ich hatte erst einen Bus Richtung Landesinnere, nach Kajaani, der Hauptstadt von der Region Kainuu, danach umsteigen nach Kuhmo, dass wieder im Osten liegt. Hier bin ich jetzt, auf einem fantastischen Campingplatz an einem der 1000 Seen.

Kuhmo, ungefähr 100 km südlich von Soumussalmi, ist ein kleines Städtchen, ca. 8000 Einwohner, mit sehr viel Wasser drumherum und, wie ich lese aber leider nicht sehe (die meisten Veranstaltungen finden wahrscheinlich Juni/Juli statt), mit einer lebendigen Kulturszene, z.B. dem jährlichen großen internationale Kammermusikfestival, und was ich besonders schade finde, es verpasst zu haben, einem Ethno-Musik- Festival von einer ganzen Woche. Die Fotos, die ich davon sehe, lassen mein Herz höher schlagen. Vielleicht nächstes Jahr? Kuhmo wurde zur finno-ugrischen Kulturhauptstadt 2023 gewählt. Finno-ugrische Sprachen werden außer in Finnland auch z.B. in Estland, Ungarn und Russland gesprochen.

Diese Gegend – auch die, in der ich mich in der vergangenen Woche „herumgetrieben“ habe – hält mich scheinbar „gefangen“, es gibt so viel zu sehen und zu erleben. Auch interessant hier in Kuhmo: Juminkeko, ein Informationszentrum über das Kalevala, das Finnische Nationalepos, und über die karelische Kultur. Ich bin nämlich jetzt in Karelien (nachdem ich Lappland verlassen hatte), das ist eine historische Region, in der ursprünglich das finnisch-ugrische Volk wohnte. Der größte Teil des heutigen Karelien liegt in Russland, ein kleiner Teil im Osten Finnlands. Die finnisch-russische Grenze durch Karelien wurde während des Zweiten Weltkriegs ein paar Mal verschoben.

Morgen werde ich Juminkeko besuchen. Der Baustil des Gebäudes ist ein Beispiel der modernen Holzarchitektur der international (mir un)bekannten Architekten Mikko Heikkinnen und Markku Komonen. Übrigens sagt Google, dass Juminkeko „ich stecke fest“ bedeutet. Apropos „gefangen“…

In meinem letzten Bericht erwähnte ich bereits Rauni und Heikki, ein Paar schätzungsweise etwas jünger als ich, bei denen ich für ein paar Nächte ein Zimmer gemietet hatte. Das Haus, in dem sie wohnen, steht auf einem riesigen Grundstück, mit einer langen Zufahrt von der Straße her. So sehen sie meistens aus, die Häuser, die ich am Weg entlang sehe. Vorne an der Straße ein Briefkasten, dahinter ein großer Innenhof oder eine Zufahrt, und noch weiter hinten ein paar Gebäude. Oder, wie schon in einem anderen Bericht gesagt, am Anfang eines Waldweges einige Briefkästen. Die Häuser liegen dann tiefer im Wald „versteckt“. Was man auch oft sieht, sind Briefkästen an manchen der zahlreichen Bushaltestellen an den asphaltierten Straßen. Einmal sah ich jemanden mit dem Traktor seine Post abholen…

Die Unterkunft, in der ich auf dem Gelände von Rauni und Heikki wohnen darf, heißt Matkalaisen Pirtti (etwa „der fröhliche Reisende“). Es ist das Haus von Raunis Großeltern, ein schönes Holzhaus an einem See, das sie und ihr Mann jahrelang mit viel Arbeit, Liebe, Geduld, Einsatz, Geld renoviert und erneuert haben. Dat sieht und spürt man, und ich bin sofort begeistert. Es ist Platz für 8 Leute, ich sehe mich bereits zurückkommen mit ein paar Freunden… Es gibt, natürlich, eine Sauna - zwei sogar, unten am See haben sie noch eine Beachsauna gebaut!

Finnland und Sauna, dieses Klischee stimmt meiner Meinung nach vollkommen. Hier haben sie wirklich in jeder Hütte eine Sauna, auch ist sie noch so klein, und sie gehört mehr oder weniger zum Standard jedes Campingplatzes. In die Sauna gehen gehört hier sozusagen zum täglichen Leben, fast wie duschen. Bei uns ist es eine besondere Aktivität (Was machst du heute? Ich gehe ich die Sauna). Ich bin eigentlich kein richtiger Saunaliebhaber, aber hier bin ich inzwischen ein paar Mal gewesen, und ich muss sagen, so langsam begreife ich es ein bisschen.. :-)

Wirklich ein fantastischer Platz, Matkalaisen Pirtti. Als ein Regentag bevorstand, war die Entscheidung schnell getroffen, noch einen Tag länger zu bleiben. Rauni und Heikki bieten an, mich mitzunehmen in „die Stadt“, das ist Suomussalmi, etwa 70 km südlicher, denn Rauni hat einen Akupunkturtermin. 140 km Autofahrt für 35 Minuten Behandlung! Bei dieser Gelegenheit wird natürlich der Großeinkauf gemacht und der Tank aufgefüllt. Aber nicht nur der Tank im Auto, es wird ein Anhänger angekoppelt, in den 450 L Benzin passen. Jetzt weiß ich auch, warum ich viele Autos mit derselben Art Anhänger sehe. Auf dem Rückweg fahren wir einen kleinen Umweg, da sie mir noch einen besonderen Platz zeigen wollen: Das Stille Volk. Auf einem Feld stehen etwa 1000 vogelscheuchartige Figuren, eine Idee von Tänzer und Choreograph Reijo Kela. Ihr seht es auf den Fotos (die ich so bald wie möglich liefere). Inzwischen so bekannt, dass ein gemütliches Café/Restaurant dazugekommen ist. Ein schöner Tag, mit zwei netten Menschen!

Aber so friedlich und ruhig es jetzt dort ist, so gewalttätig und blutig war es in dieser Gegend im sogenannten Winterkrieg, vom 30. November 1939 bis 13. März 1940. Damals griffen die Sowjetstreitkräfte Finnland an, an der schmalsten Stelle des Landes, um so schnell den Norden vom Süden zu trennen, was nicht gelungen ist. Rauni erzählte, dass die Finnen, bevor sie flüchteten, ihre eigenen Häuser anzündeten, so dass die sowjetischen Truppen in dem strengen Winter keine Bleibe haben. Auch ihre Großeltern taten das. Wie schwer muss das gewesen sein, das eigenhändig gebaute Haus anzünden, alles zurücklassen und dann mit Frau und sechs Kindern fliehen. Eine Geschichte wie Abertausende in jedem Krieg, aber umso wichtiger, es nicht zu vergessen. Die Großeltern kehrten nach dem Winterkrieg zurück und bauten ein neues Haus, zwischen den Kriegen, wie Rauni sagt. In Suomussalmi stehen ein Winterkriegsmuseum und ein Monument, das ich anfangs nannte. Auch erinnern viele weitere Gedenkstätten entlang der Straße nach Osten an die „Schlacht von Suomussalmi“. Am Ende der 17 km langen Straße dann das Grenzschutzmuseum (und daneben das berühmte Guesthouse…)

Könnt ihr mir noch folgen? Ich sagte, dass ich das Monument so beeindruckend fand. Ein riesengroßes Feld mit unübersehbar vielen großen Steinen (ich habe irgendwo gelesen, mehr als 20 000, aber es könnten auch noch mehr sein) und in der Mitte das Monument, das seine Flügel über das stille Steinfeld ausbreitet. Oben hängen 105 Metallplättchen – für jeden Tag des Winterkrieges eines – die im Wind ihre leise Botschaft vom Irrsinn des Krieges verbreiten. Für jeden toten Soldaten liegt ein Stein, und das ist das besondere, für sowohl die finnischen als auch die sowjetischen Soldaten. Vielleicht kommen wir jemals soweit, dass wir alle gemeinsam allen Opfern von allen Kriegen gedenken… dieser Gedanke geht mir durch den Kopf… Vor 20 Jahren, damals wurde das Monument errichtet, sah es hoffnungsvoller aus als jetzt, leider.

Ich will noch kurz auf den weiteren Verlauf des Krieges eingehen, danach höre ich vorläufig auf mit dem Zweiten Weltkrieg! Mir war nämlich nicht so klar, welche Rolle Finnland gespielt hat. Nach dem Winterkrieg folgten noch zwei Phasen, könnte man sagen, der Fortsetzungskrieg (Juni 1941 – September 1944), in dem Finnland als Waffenbruder mit den Deutschen gegen die Sowjetunion kämpfte, um die verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Nach dem dreijährigen Stellungskrieg, erschöpft und chancenlos gegen die Übermacht der Sowjetunion (von der ebenfalls geschwächten Wehrmacht konnten sie keine Hilfe mehr erwarten) unterzeichnete Finnland einen Waffenstillstandsvertrag mit Moskau. Dieser beinhaltete u.a. die Verpflichtung, dass Finnland innerhalb von 14 Tagen die deutschen Truppen zum Abzug zwingen musste. Daraufhin folgte der sogenannte Lapplandkrieg (September 1944 – April 1945), denn das ging natürlich nicht ohne Gewalt. Ich erwähnte es bereits in einem früheren Bericht, beim Abzug haben die Wehrmachttruppen mit der Taktik der verbrannten Erde große Teile Lapplands zerstört. Besonders in Lappland (im finnischen Teil) waren viele Deutsche stationiert, etwa 200 000, während ungefähr 180 000 Finnen dort wohnten. Nachdem sie nun drei Jahre lang Seite an Seite gelebt und gekämpft hatten – es entstanden natürlich auch Freundschaften und Liebesbeziehungen – wurden sie von einem Tag auf den anderen Feinde. Das kommt übrigens in dem Roman „Lempi“ eindrücklich zum Ausdruck finde ich.

Ja, und inzwischen ist es schon wieder Sonntagabend 20. August. Ich bin nochmal ein Stück mit dem Bus gefahren, macht auch viel Spaß (Kommentar von Sohn Frederik: Klingt gut, Busfahren auf deiner Radtour). Ein etwas kleinerer Bus, mein Fahrrad passt gerade so mit Hängen und Würgen in der Kofferraum, ich bin lange Zeit die einzige Passagierin, und geschwinde geht’s über Stock und Stein [Ich habe inzwischen gelernt, dass ich auf Schotterwegen kurz anhalten und die Augen schließen muss, wenn ein Auto vorbei kommt. Viel angenehmer als immer die Staubkörner unter meinen Kontaktlinsen herauszuholen..] Im Nu (gefühlt) bin ich zwei Tagesradtouren weiter! Gestern und heute bin ich aber wieder geradelt, mit zwei sehr originellen Unterkünften am Ende des Tages. Gestern Nacht hat die Bärenjagd angefangen, was ich natürlich nicht wusste. Und hier in der Gegend gibt es wohl so viele, dass sich die Jäger aus der ganzen Umgebung treffen und alle Hütten „besetzen“… haha.. Es ist in Finnland übrigens alles sehr reglementiert und geordnet, was die Jagd anbelangt und scheint gut zu funktionieren. Jemand erzählte, dass hier in der Gegend 11 Bären geschossen werden dürfen. Jedenfalls war in einer Art Scheune ein kleines Zimmer, in dem ich schlafen durfte (auch wieder auf so einem großen Grundstück mit mehreren Gebäuden). Die Scheune, und damit auch das Zimmer, waren dermaßen aus den Fugen geraten, dass die Tür nicht mehr richtig zuging, und wenn man vom Sofa aufstand, verlor man fast das Gleichgewicht, ohne Übertreibung! Aber was macht’s aus, ich hatte ein Dach überm Kopf und gut geschlafen. Sehr liebe, freundliche Leute (wir konnten nur über Google miteinander reden), ich durfte bei ihnen in der großen Küche Kaffee kochen, und heute Morgen beim Verabschieden steckte mir die Frau ein paar selbst gestrickte Socken zu.

Ich erlebe immer wieder mal so Herzerwärmendes, dass mir die Tränen kommen. Neulich habe ich in einem kleinen Hotel angerufen und nach dem billigsten Zimmer gefragt. Die (vermutliche) Besitzerin sagte, es sei aber ein wirklich sehr kleines Zimmerchen. Aber das war mir natürlich egal. Komme ich da hin (es war niemand mehr dort, ich kam über einen Code rein)… ein richtig großes Zimmer! Am nächsten Morgen schrieb ich ihr einen Bericht, dass ich einen „Verdacht“ hätte... Ja, schrieb sie zurück, sie wollte mir was Gutes tun. Da kullerten doch auch einige Tränen. Dabei hatten wir uns nicht mal gesehen! Vielleicht wird man auch empfänglicher und sensibler für solche lieben menschlichen Gesten, wenn man alleine reist. Es kann natürlich auch sein, dass die Leute ein bisschen Mitleid haben mit der älteren Dame, die so ganz allein mit dem Fahrrad herumfahren muss :-) Oja, noch so was Nettes: der rettende Engel, als auf dem Schotterweg meine wasserdichte Box aufgerüttelt wurde, in der ich einen Joghurtbecher von einem halben Liter sicher verstaut hatte, der aber dem ständigen Rütteln und Schütteln ebenfalls nicht standhalten konnte… Und da meine Fahrradtaschen natürlich auch wasserdicht sind, merkte ich es, als ich Mittagspause machen wollte. Naja, ihr könnt euch wahrscheinlich vorstellen. Zum Glück war ich in der Nähe eines Hauses und sah einen Mann, der draußen beschäftigt war. Er konnte kein englisch, aber das war auch nicht nötig… haha… Nachdem ich eine ganze Rolle Küchenpapier aufgebraucht hatte, schenkte er mir zum Schluss ein Päckchen getrocknetes und gesalzenes Rentierfleisch, weil er sich über unsere Begegnung freute. Ich fühlte mich richtig verehrt. Ich esse es in kleinen Stückchen, es schmeckt sehr gut.

Einmal konnte ich bei einer Holländerin übernachten, die zeitweise in Lappland wohnt, Michelle. So konnte ich nicht nur mal wieder herrlich holländisch reden, sondern sie auch viel fragen. Sie erzählte, dass man hier mit großem Respekt mit den Tieren umgeht. Man lebt hier sozusagen mit den Rentieren zusammen, die Jagd hat dann auch einen ganz anderen Stellenwert als bei uns. Daran denke ich, wenn ich wieder ein Stückchen Rentierfleisch aus der Tüte hole und es dankbar esse.

Ach, ich möchte noch so viel erzählen, von den Fjells in Lappland, den runden, durch die Gletscher abgeschliffenen Bergen, die vor zwei Milliarden Jahren entstanden, von den riesigen Nationalparks, von denen es sage und schreibe 41 gibt, von den Rentieren, die dort oben tatsächlich oft ganz gemütlich auf der Straße herumlaufen, von der Moltebeere, die es nur im Norden Finnlands gibt, von…. Aber es ist sowieso unmöglich, alles zu erzählen.

Ich frage viele Menschen, wie es für sie ist, so nah an der russischen Grenze zu wohnen, ob es ihnen mulmig zumute ist. Im Allgemeinen sagen sie, keine Angst zu haben, oder nur ein bisschen. Russland war immer schon so nah, höre ich, oder: die russischen Soldaten sind alle in der Ukraine, dann können sie nicht auch noch Finnland angreifen. Eine junge Frau sagte, dass im Anfang schon Panik herrschte, sie sich aber wieder gelegt hat. Ein Paar hat sogar erst vor ein paar Monaten eine Herberge übernommen, die ganz nah an der Grenze liegt. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern hat Finnland auch nach dem Mauerfall seine Armee aufrechterhalten. Bei einer Bevölkerung von 5,5 Millionen Menschen können sie in kürzester Zeit 240 000 Soldaten aufstellen, und insgesamt haben sie 900 000 Reservisten. Ihre Mitgliedschaft in der NATO wirkt sicher auch einigermaßen beruhigend.

Es scheint nicht so ganz eindeutig zu sein, ob die Grenzen nun zu sind, und alle gemeinsamen Projekte und Zusammenarbeit beendet wurden, offiziell glaube ich schon. Von Michelle, der Niederländerin, habe ich gehört, dass in dem Ort, in dem sie wohnt, nach 3 Monaten die Grenze wieder aufging und russische Kinder dort zur Schule gehen. Solche lokalen Initiativen sind scheinbar auch möglich. Ein anderer sagte mir, ja er finde es richtig und gut, dass die Grenzen zu sind. Wenn die Menschen in Russland so blöd sind und sich das gefallen lassen, kann man ihnen auch nicht helfen. Knallhart. Und nicht sehr differenziert meiner Meinung nach. Ich habe auch mit einem Russen gesprochen, der gleich zu Anfang des Krieges mit seiner Familie nach Finnland kam, mit einem Touristenvisum. Sie hatten erwartet (oder vielleicht mehr gehofft), dass „Jemand“ bald sterben würde, dabei hielt er seine Hand als Pistole an die Schläfe. Jetzt bleiben sie hier, denn „Jemand“ lebt noch. Seine Eltern wohnen in St. Petersburg, und ein Sohn ist auch noch dort, er hält sich versteckt, so dass er nicht eingezogen wird. Er traut sich nicht, seine Eltern und seinen Sohn zu besuchen, denn es besteht ein kleines Risiko, dass er verhaftet wird.

So sammle ich viele Geschichten und Meinungen, die man mir anvertraut. Vielleicht kann ich davon meinen nächsten Beruf machen…?

Es ist schon verrückt, hier ist es überall so friedlich wie es nur sein kann, während die Machthaber ein paar Kilometer weiter so gar nichts Friedliches im Sinne haben! Nun ist es im Urlaub natürlich immer so, dass man das Leben entspannter und friedlicher erlebt, man bekommt ja meistens auch nicht so viel vom Elend in der Welt mit, aber die Stille hier ist schon was Besonderes. Manchmal halte ich unterwegs an, so dass auch meine Fahrradgeräusche verstummen, und lausche nur der Stille. Nochmal Michelle: sie erzählte, dass die Frage, wie es einem gehe, wörtlich übersetzt heißt: was hörst du?

Oder ich sitze am Campingplatz am See und schaue den Eichhörnchen zu, wie sie mit einer unvorstellbaren Leichtigkeit senkrecht die kerzengeraden Bäume (hauptsächlich Fichten, Kiefern und Birken) hoch und runter huschen und herüber und hinüber springen. In der Gegend, in der ich gerade bin, sehe ich viele Eichhörnchen. Oder ich wundere mich über den Specht, der sich inmitten all der Bäume ausgerechnet den einen Laternenpfahl aussucht und vergeblich probiert, ein Loch in das harte Holz zu hacken. Oder ich freue mich an den Vögelchen, die während dem Radeln fröhlich vor mir her tanzen, flach über dem Boden, meistens mit mehreren gleichzeitig. Sie haben eine weiße Unterseite. Was sind das für Vögelchen, Jeroen?

Oje oje, meine Berichte werden immer länger, ich verlange ganz schön viel von euch! Jetzt gehe ich schlafen, habe heute ein ganzes Haus für mich. In dem kleinen Dörfchen, wo ich jetzt bin, war es dasselbe wie gestern, alles voll mit Bärenjägern. Hatte mich schon auf ein feucht-kaltes Zelten in der freien Natur eingestellt (die nächstmögliche Unterkunft wäre 40 km weiter gewesen), als jemand für mich noch eine Privatadresse regelte, etwa 1,5 km von der Straße ab im Wald. Hätte ich selbst nie und nimmer gefunden. Morgen wieder ein Stück auf meinem treuen Drahtesel… Das Wetter ist wechselhaft, zur Zeit ideales Fahrradwetter, Sonne und Wolken und knappe 20 Grad. Aber es scheint hier schon viel mehr geregnet zu haben als normal, die Seen sind bis zum Rand gefüllt. Bei euch ist ja inzwischen der Hochsommer ausgebrochen!

Wenn ich WLAN habe, kann ich den Bericht wieder online stellen. Gute Nacht euch allen, habt es gut! Anne

12 Reacties

  1. Rita:
    23 augustus 2023
    Liebe Anne, es ist so spannend deine Reiseberichte zu lesen und so indirekt daran teilzunehmen . Vielen Dank. Rita
  2. Christina Bode:
    23 augustus 2023
    Liebe Anne,
    phantastisch was du alles erlebst und wahrnimmst. Mache dir bitte keine Sorgen ueber die Laenge der Berichte... ich nehme mir gerne die Zeit mit dir mit zu reisen.
    Liebe Gruesse von Christina
  3. Bernhard Schuler:
    23 augustus 2023
    Hallo, Anne, es it schön, mir dir zu reisen. Auch ohne Fotos kann ich mir alles bildlich vorstellen. Die stille Weite Finnlands kommt so richtig duch und die Begegnung mit den Menschen ist beeindruckend. In unserem hecktischen Freiburg ist so etwas nicht möglich. Bleib munter und komme gesund wieder in die Heimat. Liebe Grüße Bernhard
  4. Anne Haiber:
    23 augustus 2023
    Jetzt kannst du sogar auch die Foto und drei kurze Videos dazu anschauen. Habe heute Abend fleißig gearbeitet...
    Liebe Grüße zurück nach Freiburg
  5. Bernhard Schuler:
    23 augustus 2023
    Habe die Fotos schon angeschaut und die Videos. Wenn Du wieder daheim bist,.... musst du erzählen.....
  6. Irene:
    24 augustus 2023
    Hab vielen Dank für den schönen, langen Bericht und alles Gute und Liebe auf deiner Weiterreise, liebe Anne.
  7. Agathe Jerie:
    25 augustus 2023
    Toller, spannender Bericht, ich lese gerne auch Details interessieren mich! Alles Gute für ydeine Weiterreise!
  8. Veronika:
    27 augustus 2023
    Liebe Anne,
    danke für deinen wunderbaren und informativen Reisebericht. So kann man mit dir unterwegs sein und sich das Leben in fernen nordischen Ländern ein bißchen
    besser vorstellen und das auch noch bequem auf dem eigenen Sofa.
    Herzliche Grüße und noch viele spannende Erlebnisse von Veronika
  9. Klaus Peter Temmes:
    28 augustus 2023
    Hallo Anne, Deine Berichte lesen sich nach wie vor sehr sehr spannend, aufschlussreich, lehrsam und natürlich unterhaltsam.
    Ich stelle mir gerade vor, wie Du Dich bei der Bärenjagd beteiligst...?
    Pass gut auf Dich auf und viele Grüße aus der Hochwasserseenplatte Breisgauländis. Klaus
  10. Anne Haiber:
    29 augustus 2023
    Haha... da hätte ich Grünschnabel es den Jägern wahrscheinlich gründlich versaut...
    Viele Grüße zurück!
  11. RiAnne:
    6 september 2023
    Hallo lieve dappere Anne, wat een avonturen maak jij mee...!
    Heel wonderlijk en mooi zoals jij jezelf overlevert aan wat er allemaal ( letterlijk!) op je pad komt. Dat doet niet zomaar iedereen je na! Er wordt vaak gezegd: neem het leven zoals het komt.... Nou, ga er maar aan staan! En dat doe jij - zo bewonderenswaardig! Dit lees ik als het extract van jouw belevenissen. Wat ben ik blij en trots dat ik je heb mogen ontmoeten en je leerde kennen; je bent een van mijn kostbare schatten-van-mensen, en die heb ik niet heel veel...
    Met bewondering en liefde zend ik jou mijn harte-groet, vanuit mijn ziel en geest, Liefs! RiAnne
  12. Anne Haiber:
    8 september 2023
    Lieve Rianne,
    Ik krijg het 'warm ums Herz' als ik jouw bericht lees. Het is overigens geheel wederzijds, ik ben heel blij, dat ik - dank zij het geldgebrek van de Hortus en het idee van Jeroen - twee zo mooie mensen als jij en Willem heb leren kennen!
    Wat mijn reis betreft: ik voel me vooral ontzettend dankbaar en rijk, dat er zo veel moois en goeds op mijn pad komt. Zo is het echt niet moeilijk, om het leven te nemen zoals het komt...
    Veel liefs voor jou en Willem, Anne